Mitte 2022 trat Frau Katrin Weber von der Trachtenforschungs- und beratungsstelle des Bezirk Mittelfranken an mich heran, ob es möglich wäre ein Schnittmuster für einen sonntäglichen Herrenrock (Mantel) der bäuerlichen Bevölkerung um 1850 zu entwickeln.
Leider waren zu diesem Zeitpunkt der Beratungsstelle keinerlei erhaltene Originale bekannt, vorhanden waren nur die Physikatsberichten und Abbildungen, die König Maximilian II. in den 1850ern in Auftrag gegeben hatte.
Die Physikatsberichte und Abbildungen wurden in den Jahren 1852 bis 1858 erstellt und variieren sehr stark in der Darstellungsweise, Alltagskleidung und soziale Stellung der Träger wurden nicht berücksichtig. Mit diesem Hintergrund ergibt sich eine gewisse Schwierigkeit der genauen zeitlichen und örtlichen Zuordenbarkeit einer bestimmten Form der Tracht zu einem bestimmten Bezirk.
So zeigt sich in einigen Darstellungen stark der modische Einfluss des Biedermeiers, schon in den zeitgenössischen Physikatsberichten wird mehrfach erwähnt, dass die ländliche Kleidung zunehmend von städtischen Modeströmungen beeinflusst wird.
Anhand der Abbildungen lassen sich aber doch einige Rückschlüsse auf die Herkunft und Entwicklung des Herrenrockes im ländlichen Mittelfranken ziehen. In den stilistisch einfacheren Abbildungen ist eindeutig der Einfluss des 18. Jh. sichtbar, so sind die abgebildeten Röcke dem Juste au Corps des 18. Jh. sehr ähnlich.
Die weitere Entwicklung des Herrenrockes im frühen 19. Jh. ist deutlich an der Form von Krägen und Ärmeln nachvollziehbar. Auf einigen Abbildungen ist der Einfluss des Biedermeiers eindeutig erkennbar.
So haben wir uns auf die Rekonstruktion eines langen, eng geschnittenen Rockes, angelehnt an die Abbildung Nr. 55 des Landgericht Wassertrüdingen geeinigt.
Quelle: Gillmeister-Geisenhof, Evelyn (1996): Kleidungsweise in Mittelfranken um 1850, 2. Auflage, Bad Wimsheim: Delp Verlag
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