Archiv der Kategorie: General

Mittelfränkische Herrentracht – ein Rekonstruktionsversuch anhand von Zeichnungen und Physikatsberichten aus den 1850ern – Historisch Teil 4 Punkt (10) – (12)

Teil 1 – Allgemeine Überlegungen und Punkt (1) – (2)

Teil 2 Punkt (3) – (7)

Teil 3 Punkt (8) – (9)

(10) Den Ärmel entsprechend der Markierungen rechts auf rechts in das Armloch einsetzen. Den Ärmel erst heften, den Sitz kontrollieren und dann erst nähen. Dabei wird sowohl am Oberteil, als auch am Ärmel nur der Oberstoff vernäht, Futter und Einlage werden zur Seite gefaltet. An Punkt (3) muss genau gearbeitet werden, die Nahtzugaben werden hier nicht mitgenäht.

Am Armloch Einlage und Futter wieder zurücklegen und glattstreichen, knapp neben der Nahtlinie alle Lagen zusammenheften und die Nahtzugaben am Armloch auf 1cm zurückschneiden.

Für die Ärmelfische je ein bis zwei Schichten Volumenvlies (je nach gewünschter Polsterung) und eine Schicht Haareinlage aufeinander legen. In die Armkugel entsprechend der Markierung legen, die schmale Kante zeigt nach vorne, das Vlies zum Ärmel. An die Nahtzugaben von Armloch und Ärmel nähen. Das Futter durch das Armloch heraufziehen, die Nahtzugabe einschlagen und entlang der Ärmelnaht ausrichten. Damit werden die unversäuberten Nahtzugaben des Armloches abgedeckt. Anstaffieren, die Mehrweite an der Armkugel in kleine Falten legen und anstaffieren.

(11) Beziehbare Knöpfe oder Holzscheiben mit Stoff beziehen, und an der linken Vorderkante passende Knopflöcher nähen, dabei die gebogene Vorderkante mit dem unteren, geraden Abschnitt an einer Geraden anlegen und die Knopflöcher parallel zur gedachten Verlängerung dieser Geraden anzeichnen. Rund um die Knopflöcher alle Schichten zusammenheften, damit beim Nähen nichts verrutschen kann.

Für Augenknopflöcher erst ein Loch stanzen und dann das Knopfloch aufschneiden, die Kanten mit dünnem Faden umstechen. Das Knopfloch mit Knopflochstich umstechen, ich verwende gerne einen dünnen Faden doppelt anstatt eines Knopflochfadens.

Die Knöpfe an die rechte Kante nähen, in Höhe der Spange bekommt der Knopf auf der Innenseite einen kleinen Gegenknopf. Die Knöpfe dienen nur zur Zierde, daher können die Knopflöcher, müssen aber nicht aufgeschnitten werden.

Die Knöpfe am Ärmel dienen ebenfalls nur zur Zierde und werden, wenn keine Knopflöcher genäht wurden, durch alle Schichten angenäht. Der Aufschlag von Ärmel A wird durch die Knöpfe in der richtigen Position festgehalten. Am oberen Ende der Falte im Rücken je einen Knopf anbringen.

(12) Hier etwas anders als in der Anleitung, kein Futter in dem Sinne, sondern das Futter besteht auch aus Oberstoff und wird angeschnitten.

Die Spange mit Einlage verstärken und diese einheften, die Nahtzugaben einschlagen, auf eine gleichmäßige Breite achten und an den Ecken V-förmig einschneiden. Bügeln und die Nahtzugaben an die Einlage hexen. Am Futterteil die Nahtzugaben zurückschneiden, links auf links auf die Spange falten und anstaffieren. Am rechten Ende ein kleines Knopfloch anbringen, das linke Ende wird innen angenäht.

Und hier das fertige Kleidungsstück:

Mittelfränkische Herrentracht – ein Rekonstruktionsversuch anhand von Zeichnungen und Physikatsberichten aus den 1850ern – Modern Teil 1 Punkt (1) – (2)

Mitte 2022 trat Frau Katrin Weber von der Trachtenforschungs- und beratungsstelle des Bezirk Mittelfranken an mich heran, ob es möglich wäre ein Schnittmuster für einen sonntäglichen Herrenrock (Mantel) der bäuerlichen Bevölkerung um 1850 zu entwickeln.

Leider waren zu diesem Zeitpunkt der Beratungsstelle keinerlei erhaltene Originale bekannt, vorhanden waren nur die Physikatsberichten und Abbildungen, die König Maximilian II. in den 1850ern in Auftrag gegeben hatte.

Die Physikatsberichte und Abbildungen wurden in den Jahren 1852 bis 1858 erstellt und variieren sehr stark in der Darstellungsweise, Alltagskleidung und soziale Stellung der Träger wurden nicht berücksichtig. Mit diesem Hintergrund ergibt sich eine gewisse Schwierigkeit der genauen zeitlichen und örtlichen Zuordenbarkeit einer bestimmten Form der Tracht zu einem bestimmten Bezirk.

So zeigt sich in einigen Darstellungen stark der modische Einfluss des Biedermeiers, schon in den zeitgenössischen Physikatsberichten wird mehrfach erwähnt, dass die ländliche Kleidung zunehmend von städtischen Modeströmungen beeinflusst wird.

Anhand der Abbildungen lassen sich aber doch einige Rückschlüsse auf die Herkunft und Entwicklung des Herrenrockes im ländlichen Mittelfranken ziehen. In den stilistisch einfacheren Abbildungen ist eindeutig der Einfluss des 18. Jh. sichtbar, so sind die abgebildeten Röcke dem Juste au Corps des 18. Jh. sehr ähnlich.

Die weitere Entwicklung des Herrenrockes im frühen 19. Jh. ist deutlich an der Form von Krägen und Ärmeln nachvollziehbar. Auf einigen Abbildungen ist der Einfluss des Biedermeiers eindeutig erkennbar.

So haben wir uns auf die Rekonstruktion eines langen, eng geschnittenen Rockes, angelehnt an die Abbildung Nr. 55 des Landgericht Wassertrüdingen geeinigt.

Quelle: Gillmeister-Geisenhof, Evelyn (1996): Kleidungsweise in Mittelfranken um 1850, 2. Auflage, Bad Wimsheim: Delp Verlag

Weiterlesen

Mittelfränkische Herrentracht – ein Rekonstruktionsversuch anhand von Zeichnungen und Physikatsberichten aus den 1850ern – Modern Teil 2 Punkt (3) – (7)

Teil 1 Punkt (1) – (2)

(3) Vorbereiten der Vorderteile: Optional den Abnäher schließen und Richtung Rücken bügeln.

Den Taschenbeutel rechts auf rechts entlang der Markierungen für den Tascheneingriff auf das Vorderteil aufstecken. Rund um die Taschenöffnung nähen, die Stichlänge in den Ecken reduzieren, Abstand circa 1cm. Den Tascheneingriff Y-förmig aufschneiden.

Weiterlesen

Mittelfränkische Herrentracht – ein Rekonstruktionsversuch anhand von Zeichnungen und Physikatsberichten aus den 1850ern – Modern Teil 4 Punkt (10) – (12)

Teil 1 Punkt (1) – (2)

Teil 2 Punkt (3) – (7)

Teil 3 Punkt (8) – (9)

(10) Den Ärmel entsprechend der Markierungen rechts auf rechts in das Armloch einsetzen. Den Ärmel erst heften, dann nähen. Dabei wird sowohl am Oberteil, als auch am Ärmel nur der Oberstoff vernäht, Futter und Einlage werden zur Seite gefaltet. An Punkt (3) muss genau gearbeitet werden, die Nahtzugaben werden hier nicht mitgenäht. Für genaues Arbeiten am Besten 2-3cm vor und nach Punkt (3) mit der Hand nähen, danach die Nahtzugaben am Rückteil V-förmig einschneiden und mit ein paar lockeren Stichen fixieren, damit es hier keinen Knubbel gibt.

Weiterlesen

0916 Tages- und Unterrock 1890-1910

Es ist Zeit, ein weiteres Schnittmuster zu überarbeiten, das sogenannte Turtleneck Dress. Das Schnittmuster enthielt Rock und Oberteil, ich denke aber, für viele von euch sah es einfach zu kompliziert aus. Tatsache war, dass nur wenige Leute das Schnittmuster kauften, obwohl es eigentlich viel geboten hat. Ich habe schon einige Jahre nachgedacht, das Schnittmuster einfach in Rock und Top aufzuteilen, aber ich wollte einige Extras und Neues hinzufügen, zumal mir der Rock zu einfach erschien. So vergeht die Zeit und irgendwann kommen die Ideen von alleine.

Das neue Schnittmuster #0916 bietet nun zwei Rockvarianten und einen zusätzlichen Unterrock, der gleich zugeschnitten wird (passt auch perfekt zu Schnitt #0414). Das Oberteil wird in ein paar Monaten als zusätzliches Muster erscheinen.

Fangen wir an zu nähen! Ich zeige nur, wie man Ansicht B und C näht, da die meisten Schritte gleich sind, es ist nur so, dass Ansicht B und C einige zusätzliche Überlegungen erfordern. Auch hier ist der Blogbeitrag als Ergänzung zum Schnittmuster gedacht und versucht, verschiedene Techniken und Möglichkeiten aufzuzeigen, wie man den Rock näht.

(1) Wir starten wie immer mit dem Zuschnitt aller Teile aus Oberstoff und Futter. Achte auf den Fadenlauf und vergesse nicht, 15 cm zum unteren Rand der Rüschenstücke hinzuzufügen.

Schnitt B wird keine Schwierigkeiten machen, Schnitt C mit Rüschen, Schrägschnitt ist etwas kniffliger, vor allem wenn man wie ich einen asymmetrischen Karostoff verwendet. Zuerst schneide ich zwei 45 cm breite Schrägstreifen und nähe sie entlang der hinteren Mitte zusammen, wobei ich versuche, das Muster so gut wie möglich anzupassen. Dann falte ich den Streifen entlang der späteren hinteren Mitte und lege meine Schnittteile darauf, um sie in die benötigte Form zu schneiden. Vergesse nicht, alle Markierungen zu übertragen.

Weiterlesen