Archiv für den Monat: Juni 2023

1116 Edwardianischer Gürtel

Um 1901 änderte sich die Mode mit der Erfindung des geraden Korsetts und es entstand eine neue Silhouette. Sie drückten den Körper in ein Hohlkreuz oder eine S-Krümmung, wodurch Brust und Hüfte betont wurden. Die Illustrationen des Künstlers Charles Dana Gibson haben den idealen Look verewigt und sind noch heute zu sehen.

Die S-förmige Form wurde oft durch breite Gürtel betont. Das Gürtelmuster liegt dem neuen Schnittmuster #1116 bei und kann hier heruntergeladen werden:

Dies ist eine weitere bebilderte Anleitung zur Ergänzung meines Schnittmusters. Das Gürtelmuster ist kostenlos in meinem Webshop erhältlich: klick

(1) Nimm das Gürtel teile aus Oberstoff, Einlage und Futter (gleicher Stoff) und schneide die Knopfleiste nur auf der linken Seite (2cm) ab.

(2) Nimm die Teile für die Einlage und markiere die Nahtlinie. Schneide Stoffstreifen ab, die doppelt so breit sind wie die Stäbe, plus 5 mm Abstand für die Stäbchenhüllen.. Drehe die Kanten auf die gleiche Weise ein, wie du das Schrägband vorbereiten würdest. Alternativ kannst du e ein beliebiges schmales Klebeband aus deinem Vorrat verwenden. Nähe die Hüllen an der rechten Seite der Einlage an die im Schnittmuster angegebenen Stellen an. Die Breite der Hülle sollte so schmal sein, dass sich der Stab im Tunnel nicht verdrehen kann. Lege die Stäbe ein und verschließe die Hüllen sorgfältig. Die Nahtzugaben der Einlage auf die rechte Seite drehen und bügeln. An den Rundungen befestigen, damit es flach liegt. Ich beschloss, die beiden Gürtel gerade und mit tiefer Taille zu machen.

(3) Richte die Einlage mit den Gürtelstücken aus dem Oberstoff links auf links aus und hefte sie fest. Die Seitennähte rechts auf rechts zusammennähen. Den Rücken zurückschneiden, die Nahtzugaben wie abgebildet einschneiden und aufbügeln.

(4) Schlage die Nahtzugaben des Gürtels aus dem Oberstoffes um die Einlage herum und nähe diese fest.

(5) Nimm das Futternähe die Seitennähte und schneide die Nahtzugaben wie beim Gürtel zurück, bügeln es . Lege rundherum eine Nahtzugabe von 2cm ein und schneide es an den Rundungen ab, damit es flach liegt. Richte das Futter mit den falschen Seiten aufeinander am Gürtel aus, sodass die Kante des Oberstoffes etwa 2 mm über das Futter hinausragt. Nähe das Futter fest an den Gürtel, ohne dass auf der rechten Stoffseite Stiche sichtbar sind.

(6) Nähe Hacken an die rechte Hinterkante und an der linken hinteren Mitte Fadenriegel statt Metallösen.

Mittelfränkische Herrentracht – ein Rekonstruktionsversuch anhand von Zeichnungen und Physikatsberichten aus den 1850ern – Historischer Teil 1 Punkt (1) – (2)

Mitte 2022 trat Frau Katrin Weber von der Trachtenforschungs- und beratungsstelle des Bezirk Mittelfranken an mich heran, ob es möglich wäre ein Schnittmuster für einen sonntäglichen Herrenrock (Mantel) der bäuerlichen Bevölkerung um 1850 zu entwickeln.

Leider waren zu diesem Zeitpunkt der Beratungsstelle keinerlei erhaltene Originale bekannt, vorhanden waren nur die Physikatsberichten und Abbildungen, die König Maximilian II. in den 1850ern in Auftrag gegeben hatte.

Die Physikatsberichte und Abbildungen wurden in den Jahren 1852 bis 1858 erstellt und variieren sehr stark in der Darstellungsweise, Alltagskleidung und soziale Stellung der Träger wurden nicht berücksichtig. Mit diesem Hintergrund ergibt sich eine gewisse Schwierigkeit der genauen zeitlichen und örtlichen Zuordenbarkeit einer bestimmten Form der Tracht zu einem bestimmten Bezirk.

So zeigt sich in einigen Darstellungen stark der modische Einfluss des Biedermeiers, schon in den zeitgenössischen Physikatsberichten wird mehrfach erwähnt, dass die ländliche Kleidung zunehmend von städtischen Modeströmungen beeinflusst wird.

Anhand der Abbildungen lassen sich aber doch einige Rückschlüsse auf die Herkunft und Entwicklung des Herrenrockes im ländlichen Mittelfranken ziehen. In den stilistisch einfacheren Abbildungen ist eindeutig der Einfluss des 18. Jh. sichtbar, so sind die abgebildeten Röcke dem Juste au Corps des 18. Jh. sehr ähnlich.

Die weitere Entwicklung des Herrenrockes im frühen 19. Jh. ist deutlich an der Form von Krägen und Ärmeln nachvollziehbar. Auf einigen Abbildungen ist der Einfluss des Biedermeiers eindeutig erkennbar.

So haben wir uns auf die Rekonstruktion eines langen, eng geschnittenen Rockes, angelehnt an die Abbildung Nr. 55 des Landgericht Wassertrüdingen geeinigt.

Quelle: Gillmeister-Geisenhof, Evelyn (1996): Kleidungsweise in Mittelfranken um 1850, 2. Auflage, Bad Wimsheim: Delp Verlag

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Mittelfränkische Herrentracht – ein Rekonstruktionsversuch anhand von Zeichnungen und Physikatsberichten aus den 1850ern – historisch Teil 2 Punkt (3) – (7)

Teil 1 – Allgemeine Überlegungen und Punkt (1) – (2)

(3) Vorbereiten der Vorderteile: Optional den Abnäher schließen und Richtung Rücken bügeln. Der Abnäher kann auch aufgeschnitten werden. Das Vorderteil entlang des Hals- und Armausschnitt, und der Schulter etwas mit Hilfe des Bügeleisens dehnen (dressieren), vor den weiteren Schritten auskühlen lassen.

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Mittelfränkische Herrentracht – ein Rekonstruktionsversuch anhand von Zeichnungen und Physikatsberichten aus den 1850ern – Historisch Teil 3 Punkt (8) – (9)

Teil 1 – Allgemeine Überlegungen und Punkt (1) – (2)

Teil 2 Punkt (3) – (7)

(8)  Die Seitennaht rechts auf rechts schließen, exakt von Punkt (3) bis Punkt (4) nähen, die Mehrweite am Rückteil zwischen den Markierungen einhalten, die Einlage des Rückens wird mitgefasst, nicht aber das Vorderteilfutter und – Einlage an der Schulter und der Seitennaht. Auch bei Punkt (3) keine Nahtzugaben mitfassen! Nur die Nahtzugabe des Rückteils schräg Richtung Punkt (4) einschneiden und die Nahtzugaben der Seitennaht auseinander bügeln, ev. locker mit einigen Stichen fixieren.

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Mittelfränkische Herrentracht – ein Rekonstruktionsversuch anhand von Zeichnungen und Physikatsberichten aus den 1850ern – Historisch Teil 4 Punkt (10) – (12)

Teil 1 – Allgemeine Überlegungen und Punkt (1) – (2)

Teil 2 Punkt (3) – (7)

Teil 3 Punkt (8) – (9)

(10) Den Ärmel entsprechend der Markierungen rechts auf rechts in das Armloch einsetzen. Den Ärmel erst heften, den Sitz kontrollieren und dann erst nähen. Dabei wird sowohl am Oberteil, als auch am Ärmel nur der Oberstoff vernäht, Futter und Einlage werden zur Seite gefaltet. An Punkt (3) muss genau gearbeitet werden, die Nahtzugaben werden hier nicht mitgenäht.

Am Armloch Einlage und Futter wieder zurücklegen und glattstreichen, knapp neben der Nahtlinie alle Lagen zusammenheften und die Nahtzugaben am Armloch auf 1cm zurückschneiden.

Für die Ärmelfische je ein bis zwei Schichten Volumenvlies (je nach gewünschter Polsterung) und eine Schicht Haareinlage aufeinander legen. In die Armkugel entsprechend der Markierung legen, die schmale Kante zeigt nach vorne, das Vlies zum Ärmel. An die Nahtzugaben von Armloch und Ärmel nähen. Das Futter durch das Armloch heraufziehen, die Nahtzugabe einschlagen und entlang der Ärmelnaht ausrichten. Damit werden die unversäuberten Nahtzugaben des Armloches abgedeckt. Anstaffieren, die Mehrweite an der Armkugel in kleine Falten legen und anstaffieren.

(11) Beziehbare Knöpfe oder Holzscheiben mit Stoff beziehen, und an der linken Vorderkante passende Knopflöcher nähen, dabei die gebogene Vorderkante mit dem unteren, geraden Abschnitt an einer Geraden anlegen und die Knopflöcher parallel zur gedachten Verlängerung dieser Geraden anzeichnen. Rund um die Knopflöcher alle Schichten zusammenheften, damit beim Nähen nichts verrutschen kann.

Für Augenknopflöcher erst ein Loch stanzen und dann das Knopfloch aufschneiden, die Kanten mit dünnem Faden umstechen. Das Knopfloch mit Knopflochstich umstechen, ich verwende gerne einen dünnen Faden doppelt anstatt eines Knopflochfadens.

Die Knöpfe an die rechte Kante nähen, in Höhe der Spange bekommt der Knopf auf der Innenseite einen kleinen Gegenknopf. Die Knöpfe dienen nur zur Zierde, daher können die Knopflöcher, müssen aber nicht aufgeschnitten werden.

Die Knöpfe am Ärmel dienen ebenfalls nur zur Zierde und werden, wenn keine Knopflöcher genäht wurden, durch alle Schichten angenäht. Der Aufschlag von Ärmel A wird durch die Knöpfe in der richtigen Position festgehalten. Am oberen Ende der Falte im Rücken je einen Knopf anbringen.

(12) Hier etwas anders als in der Anleitung, kein Futter in dem Sinne, sondern das Futter besteht auch aus Oberstoff und wird angeschnitten.

Die Spange mit Einlage verstärken und diese einheften, die Nahtzugaben einschlagen, auf eine gleichmäßige Breite achten und an den Ecken V-förmig einschneiden. Bügeln und die Nahtzugaben an die Einlage hexen. Am Futterteil die Nahtzugaben zurückschneiden, links auf links auf die Spange falten und anstaffieren. Am rechten Ende ein kleines Knopfloch anbringen, das linke Ende wird innen angenäht.

Und hier das fertige Kleidungsstück: